Mama = Vollzeitjob mal drei

Mama werden ist nicht schwer, Mama sein dagegen sehr. Erst wenn man voll drinnen steckt, merkt man, dass es gar nicht so einfach ist ein Kind zu umsorgen und zu erziehen. Meine Erfahrungen zum ersten Vierteljahr als Mama.

In Medien & Co wird es gezeigt: Fröhlich lächelnde Mamas mit ihrem Baby im Arm. Ganz ohne Augenringe, Pickel, gestressten Gesichtsausdruck, wuscheligen Haaren und Spuckflecken auf den Klamotten. Eben absolut durchgestylt, die Mama von heute. Ein Bild, das mitunter falsche Erwartungen weckt.
Denn das man als Mama mehrfach zu nachtschlafender Zeit aufstehen muss, um das weinende Wesen zu beruhigen oder aber Rätselraten spielen darf, warum es sich unwohl fühlt, wird meistens nicht erzählt. Ebenso, dass die eigenen Interessen vorerst hinten anstehen. Häufig kam ich mir sehr hilflos und überfordert vor, weil ich nicht wusste, was die kleine Schnegge brauchte. „War es wirklich die richtige Entscheidung?“ fragte ich mich jeden Tag. Auch die „Mamagefühle“, die bedingungslose Liebe fürs eigene Kind, stellten sich bei mir nicht ein. Als Mama komplett durchgefallen, so meine Einschätzung über mich selbst.

Postpartale Depression (PPD)

Mit der Hilfslosigkeit stieg dann auch die Wut, die Verzweiflung und auch die Sehnsucht zum „alten Leben“ zurückzukehren. Ich versteifte mich so sehr auf diesen Wunsch, dass ich sehr depressiv wurde. Ein weiterer Aspekt, der beim Mama-Bild nicht erwähnt wird, obwohl er viele Frauen betrifft. Noch nicht mal in den Eltern-Ratgebern wird darauf hingewiesen oder wenn, nur in wenigen Sätzen. Dabei finde ich es – nachdem ich es selbst erlebt habe – sehr wichtig, dass darüber gesprochen und aufgeklärt wird. Glücklicherweise hatte ich einen tollen Rückhalt von meiner Familie und auch Freunden, die mich beim Weg aus der Depression unterstützten.
Deshalb rate ich auch jeder Mama, die dem Gefühl der Überforderung und Unglücklichseins nicht Herr wird, darüber zu reden. Man braucht sich auch nicht dafür schämen. Reden ist das Wichtigste und Beste, was man in dieser Situation tun kann. Genauso wie Spazierengehen. Meine Muttel sagt immer, dass man sich beim Spazieren „lüftet“ und das stimmt! Seitdem ich jeden Tag raus gehe, wohl bemerkt bei Wind und Wetter, geht es mir deutlich besser. Musik ist ebenso hilfreich (ohne kann ich mir ein Leben sowieso nicht vorstellen). In ganz kritischen Momenten bin ich mit der kleinen Schnegge auf dem Arm bei lauter Musik schief singend durch die Wohnung getanzt.

Meine allerliebste Schwester schenkte mir zwei Bücher, die mir in dieser Zeit sehr geholfen haben: Oje, ich wachse und Kinderkacke. Ich empfehle sie jeder Mama! Diese Bücher schrieben mir oftmals aus der Seele. Oje, ich wachse hat mir sehr geholfen die kleine Schnegge zu verstehen. Dank der Zitate von den Eltern, die in den Sprungphasen ihrer Kinder begleitet wurden, erkannte man sich ein Stück weit selbst wieder und fühlt man sich nicht mehr allein mit seinen Problemen.

Ein kleiner Vorgeschmack:

Werdene und frisch entbundene Mütter haben in unserer Gesellschaft einfach erfüllt und glücklich zu sein. Ein Faktor, der sicherlich mit Auslöser einer Depression ist. Viele dieser Frauen schämen sich ihrer ablehnenden, so gar nicht den Erwartungen entsprechenden Gefühle dem Kind gegenüber. Sie werden gleichgültig, müde, verzweifelt oder aggressiv.“ (aus: Kinderkacke)

Wenige wissen um die Problematik der PPD (Postpartalen Depression), sie scheint immer noch ein gesellschaftliches Tabu zu sein. Zwar kann man heute in fast jedem Schwangerschaftsratgeber ein paar Sätze dazu lesen, aber das nimmt kaum jemand ernst, weil kaum jemand darüber spricht, weder Hebammen in Geburtsvorbereitungskursen noch Frauenärztinnen.“ (aus: Kinderkacke)

Manchmal, wenn sie brüllt und nicht zu trösten ist, kann ich auch nicht mehr. Gelegentlich muss ich dann selbst kurz heulen, dann geht’s wieder.“ (aus: Oje, ich wachse)

Alles wieder gut

Den aktuellen Stand betrachtend kann ich sagen, dass alles nochmal gut ging. Ich weiß das es Tage gibt, an denen die kleine Schnegge sehr viel schreit. Aber ich weiß auch, dass es Tage gibt, an denen vieles perfekt läuft. Ein Baby ist eben auch nur ein ganz normaler Mensch und hat gute und schlechte Tage. Meine Aufgabe als Mama ist es, meine kleine Schnegge im besten Maß auf ihrem Entwicklungsweg zu begleiten. Mit diesem Vorsatz im Kopf klappt alles viel besser.

Trotzdem ist ein Baby viel, viel, viel Arbeit. Praktisch ein Vollzeitjob (8h) mal drei! Schließlich ist man rund um die Uhr für es da. Und nebenbei muss dann auch noch der alltägliche Wahnsinn funktionieren. Zumindestens habe ich einen hohen Anspruch an einer (perfekten) Organisation und einem gepflegten Haushalt. Während meiner Depression hatte ich starke Probleme alles unter einem Hut zu kriegen, obwohl ich sonst ein Organisationstalent bin. Das war wirklich schrecklich für mich. Denn wenn ich eins gelernt habe, dann ist es das eine gute Organisation Gold wert ist. Andernfalls könnte ich jetzt nicht diesen Roman für Euch niederschreiben. 🙂
Kindererziehung und -umsorgung ist ein absoluter Zeitfresser. Manchmal verliere ich das Gefühl für die Zeit und wundere mich, dass schon wieder eine Woche vergangen ist. Obwohl der Tag immer aus ein und denselben Strukturen besteht: Essen, Windeln, Anziehen, Spielen/Fördern, Schlafen. Ideen, Wünsche und ToDos stapeln sich und ich weiß nicht, wo ich zuerst anfangen soll. Unzufriedenheit vorprogrammiert. Aber die Zeitnot wird wohl für die nächsten paar Jahre mein bester Freund werden. Es wäre mal interessant zu sehen, wann man sich eine Aufgabe vorgenommen hat und wann sie letztendlich umgesetzt wurde. Vielleicht eine Idee für einen neuen Beitrag – mal sehen.

Würde man mich fragen, ob ich meinen Job vermisse, würde ich wie aus der Pistole geschossen antworten „Ja, definitiv! Ich hätte schon nach zwei Monaten wieder voll einsteigen können.“ Mein Job macht mich einfach aus und es ist das, was ich am liebsten mache. Es fehlt mir schon sehr, mein Handwerk auszuüben. Ich versuche es zwar im Tag mit Kind einzufädeln, aber es füllt nicht annähernd meinen Tagesbedarf.

Und dennoch …

Trotz all dem Stress gibt es da diese Momente, wenn das kleine Wesen dich anlacht, wenn es das erste Mal einen neuen Laut von sich gibt, wenn es versucht sich zu drehen oder nach etwas greift. Wenn man sieht, dass das kleine Wesen immer mehr reift und vieles Neues lernt. Neugierig durchs Leben schreitet. Dann sind alle anstrengenden Stunden, all das Geschrei vergessen und man fühlt, dass es richtig war. Ich bin angekommen.

Hinweis: In diesem Beitrag geht es rein um meine eigene, subjektive Wahrnehmung. Es mag Frauen geben, die in der Mutterrolle vollkommen aufgehen und diesen Beitrag nicht nachvollziehen können. Fühlt Euch deshalb nicht angegriffen. Es sind meine persönlichen Erfahrungen, die ich Niederschreiben möchte.

Familie

Bildquelle: Freepik

Das denkt Ihr über diesen Beitrag:

  1. Birgit

    Liebe Cora,

    danke für deinen offenherzigen Beitrag. Ich kann dir sooooooooo nachfühlen. Hab das 5x hinter mir.

    Mein Tipp: lass fünfe grade sein und tu so oft es geht auch etwas für dich. Auch wenn es „nur“ 5 Minuten in Ruhe eine Tasse Tee trinken ist.

    Und lass regelmäßig deine Schildrüsen- und Nebennierenwerte überprüfen. Vitamin D, B und den Mineralstoffhaushalt mit Magnesium und Selen sowie Eisen.

    Spreche da aus jahrelanger Erfahrung mit Vitamin- und Mineralstoffmangel.

    Schön, dass deine Familie dir den Rücken stärkt.

    Muss euch echt mal besuchen kommen.

    Wünsche dir Geduld beim Mutter-Dasein.

    Herzliche Grüße,
    Birgit

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    1. Cora

      Hallo Birgit,

      ich freue mich über deinen Kommentar. Dankeschön. 🙂

      Ich versuche so oft es geht Zeit für mich freizuschaufeln. Momentan macht die kleine Schnegge das auch gut mit, ansonsten wäre dieser Beitrag in 100 Jahren noch nicht fertig geworden.
      Vorher kam ich gar nicht dazu überhaupt etwas für mich zu machen. Ich stand mir förmlich selbst im Weg. Die Depressionen haben mich so niedergestreckt, dass wenn mal 5 Minuten Freiraum waren, mich Panik- und Angstattacken überrumpelten. Glücklicherweise ist die Zeit überstanden und ich kann den kleinen Freiraum genießen.

      Danke für deinen Tipp zum Vitamin- und Minrealstoffmangel. Eine erkannte Schilddrüsenkrankheit habe ich ja bereits, die auch behandelt wird. Bei der nächsten Untersuchung spreche ich das andere mal an und lass mich durchchecken.

      Liebe Grüße
      Cora

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  2. Jenny

    Und es warten noch so viiiiieeeellllleee Eindrücke und Momente auf Euch! Jetzt ist erstmal die „lustige“ Zeit angebrochen. Dann wird es auch mal wieder Durststrecken geben. Oder Situationen, wo man echt den Kopf in den Sand stecken will und sagt: Ich mag nimmer!

    Und dann kommt ein kleines Lächeln um die Ecke…

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  1. Mamastolz - ChriCo

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